Nachdem wir uns in Baños mit verschiedenen Aktivitäten ausgetobt hatten, kauften wir uns Bustickets Richtung Norden nach Latacunga, um dort den Quilotoa Loop zu wandern. Die Buslinie ist die gleiche, die auch weiter nach Quito fährt. Und wurde gesagt, die Fahrt dauere etwa 2-3 Stunden. Es blieb uns also eigentlich genug Zeit, um im Bus gemütlich einen Film zu schauen. Also, Kopfhörer rein und die Umgebung ausgeschaltet. Als der Film grade seinen spannendensten Punkt erreicht hatte, wurden wir durch ein aufgeregtes Rufen des Busmitarbeiters unterbrochen. Er sagte nur andauernd Latacunga Latacunga Latacunga und winkte energisch in unsere Richtung. Ein Blick nach draußen zeigte, dass wir uns mitten auf einer 8-spurigen “Autobahn” befanden, auf der der Bus soeben angehalten hatte. Scheinbar hatten wir unseren Ausstieg verpasst und der Busfahrer hatte sich zum Glück daran erinnert, dass wir in Latacunga aussteigen wollten. Innerhalb von 10 Sekunden wurden wir inklusive unserer Rucksäcke aus dem Bus “geworfen” mit der Aussage, wir sollen uns ein Taxi rufen. Ah ja.
Etwa 500 Meter hinter uns sahen wir einen Kreisverkehr, bei dem wir uns vage erinnern konnten, dass der Bus dort angehalten hatte. Also liefen wir entlang der Autobahn dahin zurück. Es stellte sich heraus, dass hier alle Überlandbusse halten und man sowieso umsteigen muss, um nach Latacunga rein zu fahren. Der Kreisverkehr hatte keine Haltestelle oder ähnliches, hier wird einfach mitten drin angehalten und aus- bzw. eingestiegen. Nach 20 Minuten saßen… oder besser standen wir für zusammen 80 Cent also in einem blauen Stadtbus auf dem Weg ins Zentrum. Vom Busterminal mussten wir etwa 20 Minuten zu unserem Hostel laufen, hierbei haben wir Latacunga als sehr lebhafte aber nicht besonders schöne Stadt wahrgenommen. Nachdem wir unsere Sachen im Hostel abgeladen hatten, gingen wir in der Stadt noch kurz das traditionelle Menü mit Suppe, Hühnchen und Reis für 4,50 Euro essen. Dann hieß es zurück ins Hostel und umpacken für die kommenden 3 Tage, denn für die Wanderung auf dem Quilotoa Loop wollten wir wieder nur die kleinen Rucksäcke mitnehmen.
Tag 1: Latacunga – Sigchos – Isinlivi
Der Quilotoa Loop ist eine der wenigen spektakulären Wanderungen im Andenhochland, die noch nicht täglich von Tausenden von Wanderern heimgesucht wird. Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Loop zu laufen, abhängig davon, wieviel Zeit man hat und wie viel Kraft man dafür aufbringen möchte. Wir hatten uns entschieden, den Quilotoa Loop in 3 Tagen gegen den Uhrzeigersinn zu laufen. Dies war zwar anstrengender, da es in dieser Richtung meistens bergauf geht, aber dafür wird man am Ende mit der Aussicht auf die Quilotoa Kraterlagune belohnt.Von Latacunga ging es also für etwa 2 Euro pro Person mit dem Bus ins Gebirge nach Sigchos auf 2712m. Die Fahrt dauerte etwa 2 Stunden und die vorbeifliegende Landschaft war sehr grün, teils wolkenbehangen und von Flüssen durchzogen.
Vom Hostel sollten wir eigentlich eine Wegbeschreibung für die einzelnen Etappen per Whatsapp bekommen. Diese ist jedoch nie angekommen. Zum Glück waren Hütz und Carina vor 3 Wochen auch hier und Hütz hat uns ihre Beschreibung schnell zugeschickt. Die Wegbeschreibung ließ in allen Punkten jeglichen Interpretationsspielraum offen. Links und rechts wurde ab und an verwechselt, obwohl die Richtungsangabe natürlich für die Wegfindung manchmal ganz hilfreich wäre. Zudem gab es manchmal Angaben wie “Wenn man das Haus auf der rechten Seite mit der Farm auf der linken Seite sieht, soll man links abbiegen”. Oftmals gab es garkein Haus. Oder es gab 2 Häuser. Oder das Haus stand links und die Farm war rechts. Wie auch immer, man brauchte einiges an Fantasie, um diese Beschreibung zu verstehen. Es ging schon in Sigchos los, dass man den Weg bei der Bäckerei starten sollte. Leider gab es davon in Sigchos mehr als 10… Joella, eine Holländerin, und ein kanadisches Pärchen standen genauso ratlos wie wir in Sigchos am Busparkplatz. Zusammen haben wir dann nach mehrfachem Nachfragen doch den Start des Weges gefunden.
Dieser ging über 12km durch beeindruckende Berg- und Tallandschaft, dann ging es runter in die Schlucht, um den Fluss zu überqueren, bevor es wieder steil hoch ging. Zwischendurch kam man immer wieder ein alleinstehenden Häusern und Farmen vorbei, wo die Menschen noch ganz ursprünglich leben. Fast jedes Haus besitzt ein eigenes Schwein, einen Esel, mehrere Hühner und weitere Tiere, die auf den Weiden grasen, teilweise haben die Häuser keinen Strom.
Einmal haben wir bestimmt 10 Minuten lang einen Esel bewundert, der einfach so am Wegesrand stand – bis der dazugehörige Farmer uns zurief, dass wir hier falsch sind. Wir hatten etwa 300m zuvor die unscheinbare Abzweigung verpasst. Kein Wunder bei der Aussage “Nach 4 Kurven links abbiegen”.
Nach etwa 4 Stunden kamen wir im kleinen Bergort Isinlivi auf 2910m an. Da wir aber anfangs bis ganz runter in die Schlucht gelaufen sind und dann wieder komplett hoch, waren es deutlich mehr Höhenmeter.. Wir schätzen etwa 500-600. In Isinlivi hatten wir eine Nacht im Llullu Llama Hostel gebucht – von diesem Hostel haben selbst Leute in Patagonien geschwärmt.
Und es wurde nicht zu viel versprochen: Ein gemütliches Haus, warme Decken, Kaminfeuer, jede Menge Spiele, kostenlose Sauna und Jacuzzi, extrem leckeres 3-Gänge-Abendessen und wie der Name schon sagt ein Lama im Garten. So lässt es sich nach einem Wandertag aushalten.
Tag 2: Isinlivi – Chugchilán
Am zweiten Tag verließen wir nach einem reichhaltigen Frühstück unser Hostel und machten uns zusammen mit Joella auf den Weg – erneut erst mal bergab.
Als wir unten im Tal eine Brücke erreichten, bogen wir laut Wegbeschreibung rechts auf einen schmalen Trail ab. Dieser führte durch die Schlucht, vorbei an ein paar einzelnen Häusern und Farmen bis einen anderen Fluss. Hier gönnten wir uns eine 30 minütige Pause direkt am Ufer. Anschließend ging es durch eine Ebene und einen Eukalyptuswald. Unterwegs könnten wir eine typische ecuadorianische Vogelscheuche bewundern. Fragt sich, welches arme Kind hier auf seine Kleidung verzichten musste.
Die Natur haben wir im Nachhinein als am schönsten empfunden, da die Pflanzenwelt so gesund und saftig grün aus allen Ecken und Poren wucherte. Zwischendrin lugte mal ein Häuschen im Gebirge hervor oder verwunderte Ziegen, Schweine, Kühe schauten einen an. Bellende Hunde kamen bis zur Grenzenm ihrer Territoriums, um jenes zu verteidigen. Es wirkte alles wie im Märchen – abgeschnittene Siedlungen, Tiere und Natur um einen herum, kein Verkehrslärm.
An diesem Tag war es etwas einfacher, den Weg zu finden, da es meistens gelbe und rote Markierungen auf Steinchen oder Ästen gab. Manchmal deutete sogar gefärbtes Moos die Richtung an. Schließlich sollten wir laut Wegbeschreibung waghalsig den Fluss über einen Baumstamm mit einseitigem Geländer überqueren.
Anschließend erreichten wir ein kleines Dorf mit Kirche und Grundschule. Dahinter ging es steil bergauf, unser Ziel Chugchilán lag hinter dem Berg, der vor uns trohnte. Auf dem Weg begegneten uns immer wieder Kinder, die nach Geld oder Süßigkeiten fragten. Wir waren vorbereitet und hatten Toffees dabei. Ein kleiner Junge konnte nicht genug bekommen und fragte nach noch mehr Süßigkeiten “für seinen Bruder”. Als ich ihn nach dem Namen des Bruders fragte, fing er an zu stottern. Ein anderes Mädchen musste vorsagen und ich bekam ein “Frank” als Antwort.. in einem spanischsprachigen Land nicht sehr glaubwürdig. Aber man kann es ja mal versuchen 😉
Als wir den Berg endlich hinter uns gebracht hatten, waren es noch 45 Minuten moderat bergauf nach Chugchilán auf 3200m. Unser Hostel “Cloud Forest” hatte Heizungsrohre im Zimmer, Hängematten vor der Tür und einen Spieleraum mit Billardtisch, Kicker und Tischtennisplatte. Das Essen war ok, konnte jedoch bei weitem nicht mit dem im Llullu Llama am Vortag mithalten.
Tag 3: Chugchilán – Laguna Quilotoa
Am letzten Tag hieß es früh aufstehen, denn die schwerste Etappe hoch zur Lagune stand uns noch bevor. Dafür haben wir uns je eine Hostel-Lunchbox für 2,60€ gegönnt, welche ein Sandwich, Apfel, Banane, Wasser und Kekse enthielt. Vom Hostelbesitzer erhielten wir eine weitere Karte mit Wegbeschreibungen. Hier erfuhren wir, dass es wohl zwei mögliche Routen gab: Die “Extreme Adventure Route” und einen einfacheren Weg, der an einem Wasserfall vorbei führen sollte. Letzterer Weg wurde uns mehrfach angeraten, da der erste Weg wohl sehr sehr steil ist. Die letzten 2 Tage steckten uns schon etwas in den Knochen, daher wählten wir den vermeintlich einfachen Weg, wohlwissend, dass auch dieser irgendwie zur Lagune auf 3914m hinauf führen musste.
Zunächst ging es wie immer erstmal bergab ins Tal. Auf der anderen Seite der Schlucht begann dann der Aufstieg, der garnicht mehr aufhören wollte und immer steiler wurde. Letztendlich sahen wir eine steile Felswand vor uns, die man unmöglich hochklettern konnte. Im letzten Moment entdeckten wir einen kleinen Gelb gefärbten Stein, der den Weg nach rechts durch das Gestrüpp anzeigte. Dieser Hinweis wurde in unserer Wegbeschreibung vorsichtshalber weggelassen… Auf diesem Weg kam uns nach kurzer Zeit Alice aus Frankreich entgegen – sie wurde weiter oben von einem Hund angefallen und in den Arm gebissen und traute sich nun nicht mehr, alleine zu laufen. Nach kurzer Aufklärung über die empfohlene Tollwut-Impfung waren wir nun also ein gemischt europäisches Vierer-Gespann.
Der Weg wurde immer steiler auf sandigem Grund, sodass wir uns irgendwann teilweise nur noch auf allen Vieren fortbewegen konnten. Wir fragten uns in diesem Moment, wie dann wohl der Weg der Extreme Adventure Route aussehen musste. Irgendwann machte sich leider bei Joella und Mira die Höhe bemerkbar. Jeder Schritt fiel schwer, zusätzlich kam es zu Verschwommensehen und Übelkeit, sodass wir viele Pausen machen mussten und nur langsam voran kamen – aber wir kamen voran!
Auf dem Weg kamen wir an kleinen Ortschaften mit Kirchen und Schulen vorbei sowie kleinen einsamen Farmen. Echt interessant live zu sehen wie die Leute hier in den Bergen so leben! Nagut, die Höhe lenkte am Ende eher ab und wir waren mit unseren eigenen Körpern beschäftigt. Jedoch muss man sagen, dass der Weg relativ gut zu finden war, wenn man genauer hinschaute und die rot oder gelbe Markierungen beachtete. Nach insgesamt 5 Stunden mehr oder weniger durchgehend bergauf kamen wir erschöpft aber glücklich endlich oben an der Kraterlagune an.
Der Ausblick war unglaublich schön und entschädigte die vorangegangenen Mühen. Nach unzähligen Fotos mussten wir noch etwa 1h45 rechts am Kraterrand entlang laufen (natürlich wieder auf und ab, auf und ab, auf und ab).
Der Boden um den Krater wechselte zwischen feinstem Strandsand über Gras zu Stein. In der sehr touristischen Stadt Quilotoa, welche sich direkt am Kraterrand befindet, erwischten wir zum Glück den letzten Direktbus (2,10€) mit einem heißen Coca-Tee (1,50€) in der Hand zurück nach Latacunga ins Hostel, wo wir den Abend mit selbstgemachten Spaghetti Carbonara und Gemüsesuppe gemütlich ausklingen ließen.
Der Quilotoa Loop ist eine wunderschöne und sehr empfehlenswerte, wenngleich auch teils anstrengende Wanderung. Man sollte sich vorher definitiv ein paar Tage an die Höhe adaptieren – obwohl es in Ecuador natürlich auch noch viel höher (bis über 5000m) hinaus geht, wenn man möchte.Weil viele Leute uns gefragt haben: Die Landschaft mit ihren vielen Hügeln, Bächen und weiten Ausblicken ist nicht mit Patagonien zu vergleichen. Beides ist toll, aber komplett unterschiedlich. Der Weg des Quilotoa Loop besticht durch sein saftiges Grün, die wenigen ursprünglichen Häuser auf dem Weg und die tiefen Schluchten, die man durchqueren muss. Patagonien dagegen hat durch seine einsamen Landschaften mit azur- bis türkisblauen Seen und Flüssen einen ganz anderen, eigenen Charme. Wir sind froh, beide Welten gesehen zu haben.

























